Subjekte

Menschen können nur als Menschen sein, indem sie einander Subjekte sind.

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Autonome Systeme

Die Unabhängigkeit der Teilsysteme eines kombinierten Systems macht es auch prinzipiell möglich, die in den thermischen Kreisprozess ()übertragene Energie zum Betrieb der Pumpe zu benutzen, welche den Energieträger des hydrodynamischen Teilsystems transportiert (Abbildung 1).
Dazu muss die Pumpe durch eine weitere Schnittstelle mit dem thermischen Kreisprozess verbunden werden. Diese Änderung des Designs hat nun gravierende Folgen für das Gesamtsystem. Das System wird autonom.
Im nichtautonomen System hat die Pumpe keine energetische Schnittstelle mit dem System. Sie bezieht ihre Energie aus der Umgebung, auf die das System keinen Einfluss hat.  Ihre Funktion, ihr Sinn wurde ihr von einem äußeren Designer verliehen. Nun wird sie durch eine Schnittstelle mit dem System verbunden und erhält ihre Funktion durch das System. Über die Schnittstellen wird ihr von der sinngebenden Komponente ein ihr fremder Sinn übertragen.
Diese Konstruktion weist nun eine Reihe von Besonderheiten auf, die alle daraus resultieren, dass die sinngebende Komponente sich selbst antreibt.
Das Fließgleichgewicht erhält sich selbst mittels Energie, die das System selbst aufnimmt. Die sinngebende Komponente wirkt also auf sich selbst. Erst im autonomen System hat die Floskel "sich selbst" einen Sinn.
Das autonome System ist nicht mehr unmittelbar von der Umgebung abhängig. Es bezieht seine Betriebsenergie aus seinem Reservoir. Für eine gewisse Zeit kann es sich deshalb selbst auch als isoliertes System erhalten (Abbildung 3). Das autonome System ist also zur zeitweiligen Selbsterhaltung fähig, ist zeitweilig autonom. Die Zeit, während der sich das System selbst erhalten kann, ist von der Größe  der Reservoirs (Volumen, Potential usw.) abhängig (Abbildung 2 rechts).
Wenn das System dagegen nicht von der Umgebung isoliert ist, wird durch die Entnahme von thermischer Energie aus dem Reservoir eine Potentialdifferenz zwischen Reservoir und Umgebung geschaffen, die den weiteren Zufluss an thermischer Energie aus der Umgebung in das Reservoir ermöglicht.  Diese Potentialdifferenz zwischen System und Umgebung, die den ständigen Zufluss (und Abfluss) von Energie in das System gewährleistet, wird also durch das autonome System selbst geschaffen. Das autonome System versorgt sich so selbst mit Energie.
Für das nicht autonome System dagegen hat die thermische Energie des Reservoirs entweder keine Bedeutung oder sie wirkt im Falle thermischer Isolation des Systems als Störung, die Kühlung erforderlich macht. Das nicht autonome System kann nur solange unverändert existieren, wie thermische Energie aus der Umgebung zufließt, das autonome System kann nur solange existieren, wie keine Energie aus der Umgebung zufließt oder wie die zufließende Energie wieder entfernt wird.
Die maximale Existenzzeit des autonomen Systems ist so nicht von der Umgebung abhängig, sondern von ihm selbst, seinem Design. Limitierende Größen sind der Energievorrat des Reservoirs und der "sparsame Umgang" mit diesem Vorrat, die "Effektivität" des Systems.
Wenn ein solches System vom Designer geschaffen worden ist, muss auch das ideale System schließlich noch in Gang gesetzt werden, indem die Pumpe gestartet wird. Dazu ist eine Aktivierungsenergie erforderlich, die einmalig von außen zugeführt werden muss.
Die Geschwindigkeit, mit der die Prozesse eines Systems ablaufen, wird durch das Design bedingt. Es vergeht also eine gewisse Zeit zwischen dem Start der Pumpe, mit dem der Pegel des Reservoirs zu sinken beginnt, und dem dem Beginn des Rückflusses in das Reservoir, mit dem der Pegel wieder zu steigen beginnt.
Diese Senkung des Pegels wirkt sich auf die Leistung der Pumpe aus. Diese hat eine spezifische Kapazität, die durch ihr Design bedingt ist. Das Maß, in dem diese als konstant gesetzte Kapazität ausgeschöpft wird, wird durch die Parameter des Systemdesigns bestimmt. Im hydraulischen System ist dies die Hubhöhe, die durch die Größe und Lage des Reservoirs bestimmt ist. Im thermischen System ist dies die vom hydraulischen System transportierte Wärmemenge. Im Zustand der Isolation nimmt diese fortlaufend ab. Dadurch sinkt in der Folge die Leistung der Pumpe, und die Fließgeschwindigkeit verlangsamt sich. Dadurch wird aber auch die Menge der an das thermische System übertragene Energie verringert, was die Leistung der Pumpe weiter verringert. Alle Systemprozesse werden langsamer. Die zurückfließende Trägerflüssigkeit ist nun kalt (arm an thermischer Energie). Dadurch wird die thermische Energie des Reservoirs verringert, was ebenfalls zu einer Verringerung der Leistung der Pumpe führt.
Das autonome System wirkt also auf sich selbst zurück. Alle diese Rückwirkungen (feedbacks) führen über die Verringerung der Fließgeschwindigkeit der sinngebenden Komponente zu einer Verlängerung der Existenzzeit des Systems.
Wird die thermische
Isolation aufgehoben und dem Reservoir thermische Energie zugeführt (Heizung), dann wird (bei gleicher Fließgeschwindigkeit) mehr Energie zur Pumpe übertragen deren Leistung erhöht sich und  bleibt bei konstantem Zufluss an thermischer Energie auf dem Niveau des Energiezuflusses konstant. Unter dieser Bedingung ist auch die Existenzzeit des autonomen Systems unbegrenzt.
Im Vergleich zum nicht autonomen System ist das autonome System von weniger Umgebungsfaktoren abhängig (Abbildung 1 on Moueseover).


Abbildung 1: Autonomes System (isoliert, Schnittstellen) On Mouseover: Nicht autonomes System


Abbildung 2: Fließgeschwindigkeit bei einem idealen nicht autonomen System.

 Abbildung 3: Fließgeschwindigkeit bei einem idealen autonomen System .

Zum Zeitpunkt t1 wird das System isoliert. In der Zeit t1 ....t2 existiert das System isoliert, es ist zeitweilig autonom.


Abbildung 4: Reste des autonomen Systems zum Zeitpunkt t2. Alle Potentialdifferenzen haben den Wert 0, es geschieht nichts mehr. Das System ist "tot".

Angemerkt:
1. Natürlich ist auch die Funktions-zuweisung die Leistung eines Designers. Diese erfordert aber eine neuen Denkweise: Der Designer baut sie nicht willkürlich in ein System ein, sondern er entwickelt sie aus den Möglichkeiten des Systems. Er denkt nun nicht mehr nur von außen, sondern vom System aus. Die Funktion der Pumpe ist nicht mehr nur aus den Absichten des Designers verstehbar, sondern auch aus dem System selbst.
2. Bei artefiziellen Systemen ist der Designer auch der Starter. Die Annahme der natürlichen Entstehung eines autonomen Systems durch "Urzeugung" lässt als Erklärung den Zufall zu. Die Frage nach dem Starter ist damit aber noch nicht beantwortet.

 

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© Dr. G. Litsche 2006
Letzte Bearbeitung: 14.07.2012